Brigitte Antonius ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Fernsehlandschaft. Seit Beginn der ARD-Serie „Rote Rosen“ im Jahr 2006 ist sie ununterbrochen als Johanna Jansen zu sehen – damit ist sie nicht nur eine der beständigsten Schauspielerinnen der Serie, sondern wohl auch die älteste Darstellerin mit einem unbefristeten Serienvertrag in Deutschland. Mit inzwischen 92 Jahren steht die österreichische Schauspielerin weiterhin fest im Ensemble und begeistert das Publikum. Ein Ende ihrer Tätigkeit bei den „Roten Rosen“ ist derzeit nicht in Sicht.
Der Respekt vor dieser beeindruckenden Karriere ist groß, auch wenn es mit einem Guinness-Weltrekord am Ende nicht klappte. Anfang dieses Jahres wurde deutschlandweit über einen möglichen Rekord berichtet: Könnte Brigitte Antonius die älteste aktive Seriendarstellerin mit festem Vertrag weltweit sein? Die Produktionsfirma der Serie ließ diese Frage offiziell prüfen. Doch die Guinness-Experten lehnten eine Aufnahme ab – schlicht weil sich kaum zweifelsfrei feststellen lasse, ob irgendwo auf der Welt nicht doch jemand Älteres mit einem solchen Vertrag existiert. Für Brigitte Antonius ist das aber nicht wirklich wichtig. „Ich bin mir sicher, dass es niemanden gibt, der älter als 92 ist und noch einen festen Vertrag hat“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. „Aber ist eh wurscht.“
Die Schauspielerei ist für Brigitte Antonius nicht nur Beruf, sondern Leidenschaft und Lebensinhalt. Ursprünglich war das anders geplant: Die junge Brigitte wollte Medizin studieren und in die Fußstapfen ihres Vaters treten, der Arzt war. Doch das Schicksal lenkte sie anders. Zufällig nahm sie an einem Vorsprechen in Wien teil, wurde prompt engagiert – und blieb der Bühne bis heute treu. „Das Theaterspielen hat mir Freude bereitet“, erzählt sie, und diese Freude spürt man auch heute noch in jeder Szene.
In ihrer beeindruckenden Karriere stand die gebürtige Österreicherin auf zahlreichen Bühnen, unter anderem in Wien, Bern, Basel, München, Berlin, Münster, Hannover und Nürnberg. Besonders bemerkenswert sind ihre über zwanzig Jahre, in denen sie mit Ein-Personen-Stücken rund um den Globus tourte. Sie spielte in Universitäten, Botschaften, Generalkonsulaten und diversen Clubs in Kanada, New York, Südamerika, Mexiko, Peking und Hongkong. Über die Jahre sammelte sie ein Repertoire, das es ihr ermöglichte, bis zu 14 Stunden Soloprogramm auswendig zu beherrschen – ein unglaubliches Gedächtnis, das ihr auch heute noch beim Einüben von Texten für „Rote Rosen“ hilft.
Dass Brigitte Antonius gerade mit 61 Jahren ihre lange Theaterkarriere beenden musste, war kein leichter Schlag. Am Grazer Volkstheater unter Vertrag, musste sie sich einer schweren Operation unterziehen. Doch als sie genesen zurückkehren wollte, wurde sie von der damaligen Direktorin in den Ruhestand geschickt. Für sie ein herber Einschnitt. Dennoch gab sie nicht auf. Statt auf der Bühne war sie nun verstärkt im Fernsehen zu sehen – in Serien wie „Klinik unter Palmen“, „Rosenheim-Cops“, „SOKO Kitzbühel“, „Alphateam“, „Schlosshotel Orth“ und „Marienhof“. Auch in der österreichischen Produktion „Die Country Kids aus der Steiermark“ spielte sie eine Gräfin.
Vor 19 Jahren kam dann der entscheidende Wendepunkt: Die Anfrage für eine neue Serie, die in Lüneburg gedreht werden sollte – „Rote Rosen“. Während eines Drehs für das „Großstadtrevier“ in Hamburg fuhr sie zu den Proben und konnte sofort überzeugen. Ein Glücksfall für beide Seiten. Bis heute fühlt sie sich in Lüneburg und am Set der Serie wohl – und auch das Publikum liebt sie. Für die Macher ist sie eine unverzichtbare Größe, ein echtes Aushängeschild, das durch seine langjährige Präsenz eine starke Bindung zu den Zuschauern aufgebaut hat.
Brigitte Antonius betont, dass sie sich mit ihren Kollegen gut versteht. Die meisten seien „furchtbar nett“ – sowohl beruflich als auch privat. Mit einigen, wie Elisabeth und Barbara Lanz, hält sie bis heute Kontakt. Nur eine Ausnahme gab es, aber Brigitte ist zu vornehm, um darüber zu sprechen. Ihre Kollegin war ohnehin nur kurz dabei und hat inzwischen erfolgreich in anderen Formaten Fuß gefasst. „Sie ist ja auch gut“, sagt Brigitte anerkennend.
Besonders schätzt sie die Zusammenarbeit mit Martina Eitner-Acheampong, die bei „Rote Rosen“ die Rolle der Gisela Böttcher spielt. „Die ist wirklich köstlich, über die kann ich herrlich lachen, die spielt die Rolle sehr gut“, schwärmt sie. Schon bei der Serie „Stromberg“ habe ihr die Schauspielerin gefallen, und genau dort würde Brigitte Antonius auch gern mal mitwirken. Lustige Rollen haben es ihr ohnehin angetan – auch Annette Frier findet sie großartig.
Natürlich kennt Brigitte Antonius auch die Schattenseiten des Schauspielberufs: „Intrigen und Eifersucht, es war nicht immer nur wunderschön.“ Doch gerade in ihrer aktuellen Rolle bei den „Roten Rosen“ fühlt sie sich sicher: „Da habe ich ja keine Konkurrenz, da bin ich gesetzt.“ Sie genießt die Wertschätzung und Stabilität, die ihr die Serie bietet.
Fit hält sie sich noch immer mit Yoga – morgens und abends – und das trotz ihres Alters mit Begeisterung und Disziplin. „Liegestütze kann ich nicht mehr, und vom Spagat sind nur noch Rudimente übrig“, lacht sie. Ihre beiden Hunde halten sie zusätzlich auf Trab, und regelmäßige Spaziergänge in Lüneburg gehören zum Alltag. Dabei gönnt sie sich auch kleine Freuden: einen Besuch in der Eisdiele Venezia, sonntags in die Johanniskirche oder einen Kaffee im Heidkrug. Zweimal im Jahr empfängt sie eine Fangruppe der „Roten Rosen“ zu einem Treffen – bislang im Lanzelot, das nun leider geschlossen hat. Schon sucht sie nach einer neuen Lokalität.
Privat lebt Brigitte Antonius in Lüneburg und genießt die Verbundenheit zu ihrer Rolle und der Stadt. Doch in der aktuellen Handlung der Serie steht ihre Figur Johanna Jansen vor großen Veränderungen. Achtung, Spoiler: Im Herbst 2025 wird zu sehen sein, wie Johanna aus dem Rosen-Haus ausziehen muss. Wohin es sie verschlägt und warum, bleibt zunächst ein Geheimnis – doch für die Schauspielerin selbst ist das ein schwieriger Punkt. „Ich persönlich habe keine Freude daran, aber ich habe keinen Einfluss darauf. Die Autoren müssen die Geschichte im Ganzen sehen, und die Johanna spielt nicht mehr die zentrale Rolle. Das wäre auch ein Risiko, wenn es anders wäre.“
Trotzdem freut sich Brigitte Antonius, noch immer Teil der Serie zu sein. Sie hat klare Vorstellungen für ihre Zukunft: „Ich würde gerne 100 Jahre alt werden und bis 99 arbeiten können. Aber der liebe Gott wird schon wissen, was er tut.“
Brigitte Antonius ist nicht nur ein Beispiel für Ausdauer und Professionalität, sondern auch für Lebensfreude und Begeisterung. Ihre langjährige Präsenz bei „Rote Rosen“ macht sie zu einer echten Legende der deutschen Fernsehserie. Und auch wenn sich das Kapitel Johanna Jansen demnächst verändert, wird die Schauspielerin mit ihrer Lebensenergie und ihrem Humor sicher noch viele weitere Geschichten erzählen.